Gärten auf Bodenreformland – Pachtgärten und Eigentumsgärten in einer Kleingartenanlage
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Problemstellung

Die ursprünglich als Bodenreformland vergebenen Parzellen (meist grundbuch- amtlich als Flurstücke eingetragen) sind vor 1990 bei Wegfall des Eigentümers bzw. Landaufgabe durch ihn in den Bodenfonds der Gemeinde zurückgefallen (im Folgenden werden sie als Parzellen bezeichnet). Damit befinden sich nun- mehr auf den ehemaligen Bodenreformflächen Gärten, die noch im Eigentum
der Nutzer stehen und solche, die durch die Gemeinde bislang an nutzungswil- lige Bürger in der Regel als Kleingärten verpachtet und meist auch nach wie vor als solche genutzt werden.

Viele derartige Anlagen entsprechen in ihrem Aufbau und in der Art ihres Be- treibens (und oftmals nicht nur bei den Pachtgärten) im Wesentlichen einer Kleingartenanlage i. S. d. BKleingG mit einer überwiegenden kleingärtnerischen Nutzung, wie sie das BKleingG für Kleingärten fordert. Grundsätzlich sind aber derartige Anlagen, wie auch jede Kleingartenanlage, bauplanerischer Außen- bereich. In ihm sind also bauliche Anlagen nur nach Maßgabe des § 35 BauGB zulässig; sie dürfen nur der vorgesehenen Nutzung dienen und dürfen öffent- liche Belange nicht beeinträchtigen (§ 35 Abs. 3 BauGB). An die Zulässigkeit baulicher Anlagen, ihre Genehmigung und ihre Nutzung sind demzufolge auch in solchen Anlagen mit einem gemischten Bodeneigentum hohe Anforderungen
zu stellen.

In solchen Anlagen mit Pachtgärten und Eigentumsgärten, wo die Nutzer auch mehr oder minder stark aufeinander angewiesen sind (z. B. bei Wasser und Strom), ergeben sich als Probleme
· ob und wie das kleingärtnerische Pachtverhältnis unter dem Schutz des BKleingG gesichert werden kann,
· wie das Betreiben der Anlage unter diesen Bedingungen erfolgen kann, ohne für die Pachtflächen den Schutz des BKleingG in Frage zu stellen,
· ob das Betreiben einer solchen gemischten Anlage und der Schutz der kleingärtnerischen Nutzung die Organisationsform Kleingärtnerverein zwingend erfordert, der sich auch die Besitzer der Eigentümergärten anschließen müssen,
· was bei Kaufangeboten durch die BVVG oder das Bundesvermögensamt bzw. durch die Kommune zu tun ist.

Bei dem Herangehen an die Lösung dieser Probleme wird oftmals nur von der Nutzungsform Kleingärten und Kleingartenanlage ausgegangen. Gerade hierbei aber ist es nötig, auf keinen Fall die Spezifika von Pachtrecht, Eigentumsrecht und Vereinsrecht zu vermischen, sondern es muss ein für alle Beteiligten realist- ischer Konsens gefunden werden.

Charakter einer Kleingartenanlage nach dem BKleingG

Das BKleingG beschränkt den Kleingartenbegriff auf Pachtgärten i. S. d. § 1 Abs. 1 BKleingG und schließt andere Gartennutzungen in § 1 Abs. 2 ausdrücklich aus. Damit sind Eigentümergärten, auch wenn sie in einer Kleingartenanlage liegen, keine Kleingärten i. S. d. BKleingG. Bei einem Kleingarten ist kleingärtnerische Nutzung eine Grundbedingung. Die Verbindung mehrerer Einzelgärten mit ge- meinschaftlichen Einrichtungen ist zwingend. Es muss der Eindruck der Zusam- mengehörigkeit der Parzellen (einheitliches Gesamtbild) bestehen.

Ein Kleingarten ist zwar ein Pachtgarten - aber dies ist in die Definition „Klein- garten“ nicht mit eingeflossen. Auch wenn ein Eigentümergarten in einer Klein. gartenanlage liegt (z. B. bei Eigenbedarf), wird er dadurch nicht automatisch zum Kleingarten. Das BKleingG regelt also nicht zwingend, dass in einer Klein- gartenanlage nur Pachtgärten sein dürfen; es lässt auch Eigentümergärten
zu (wenn auch offensichtlich nur bezüglich des Verpächters – vgl. dazu insbes. § 9 Abs. 1 Nr. 3 BKleingG).

Es ist jedoch auch zu beachten, dass die Bestimmungen des BKleingG ursächlich Schutzvorschriften für die Pächter sind, weil sie sich eine andere Bodennutzung nicht leisten können. Sie sind für den Eigentümer einer Parzelle wie zu Pachtzins (§ 5), zu Vertragslaufzeit (§ 6), zu Schriftform der Kündigung (§ 7), zu Kündi- gungsgründen, -fristen und -terminen (§§ 8 - 10), zu Kündigungsentschädigung
(§ 11), zu Vertragsbeendigung bei Tod des Pächters (§ 12) und zu Nichtigkeit abweichender Vereinbarungen zum Nachteil des Pächters (§ 13) rechtlich nicht erforderlich.

Gemeinsamkeiten von Pacht- und Eigentümergärten in einer Anlage

Eine wichtige Gemeinsamkeit ist die bauplanungsrechtliche Ausweisung der genutzten Gesamtfläche. Baurecht ist Kommunalrecht. Mit der Art der Aus- weisung ist eine bestimmte Nutzung verbindlich - und das sowohl für die Pachtgärten als auch für die Eigentümergärten. Das betrifft nicht nur die Nutzung, sondern auch die Bebauung. Damit kann ein als Grünfläche ausge- wiesenes Flurstück nicht so ohne weiteres in ein Erholungsgebiet umgewandelt werden. In der Regel werden solche Flächen als Grünfläche / sonstige Klein- gärten ausgewiesen sein. Aus der baurechtlichen Ausweisung (Kleingärten, Dauerkleingärten, Grünfläche, Erholungsgärten, <potentielles> Bauland, landwirtschaftliche Nutzfläche u. a.) ergibt sich auch das Erfordernis oder
der Ausschluss bestimmter Formen der Ver- und Entsorgung. Außerdem sind Gartenpächter wie Parzelleneigentümer auf gemeinsame Einrichtungen wie Wege, Zäune, Anlagen für die Versorgung mit Wasser und Strom u.a. ange- wiesen. Eine Nutzung der Parzellen wäre bei deren Fehlen nur eingeschränkt möglich. Gemeinsam können sie auch kostengünstiger errichtet und betrieben werden. Mit diesen gemeinschaftlichen Einrichtungen wird zugleich auch der Anlagencharakter betont.

Daraus ergibt sich aber auch, dass für Schaffung, Betreiben, Pflege und Erhaltung der gemeinschaftlichen Anlagen Regelungen getroffen werden müssen, denen sich jeder Nutzer kaum entziehen kann. Das gute Einvernehmen zwischen Parzellenpächter und -eigentümer ist also für beide von existenzieller
Bedeutung. Es fragt sich jedoch, welcher Organisationsform dies bedarf.

Sicherung des Pachtverhältnisses und der kleingärtnerischen Nutzung

Ist mit dem Parzellennutzer ein Pachtvertrag (meist als Einzelpachtvertrag) zur kleingärtnerischen Nutzung abgeschlossen und sind in der Anlage gemein- schaftliche Einrichtungen vorhanden, dann kann der Garten wie ein Kleingarten behandelt werden. Er steht unter dem Schutz des BKleingG mit allen Rechts- folgen, wenn er auch gemäß den Erfordernissen des BKleingG bewirtschaftet wird. Der Kommune ist anzuraten, die Gesamtfläche bauplanungsrechtlich als Kleingärten abzusichern und als bauplanerischen Außenbereich auszuweisen, wenn die Mehrzahl der vorhandenen Parzellen Pachtflächen sind. Damit wäre ein generelles Abgleiten der Nutzung in Richtung ausschließlicher Erholungs- nutzung verhindert. Nach erfolgter Festsetzung steht es der Kommune als Verpächter frei, den Status „Kleingärten“ und „Kleingartenanlage“ nur auf die Pachtgärten zu beschränken mit allen Rechtsfolgen, insbes. bei den Abgaben.
Auch wäre anzuraten, die Einzelpachtverträge in einen Zwischenpachtvertrag umzuwandeln, entweder mit dem zuständigen Kleingärtnerverband oder auch mit dem örtlichen Kleingärtnerverein. Die Nutzung aller Pachtflächen als Klein- gärten würde dann durch den Zwischenpächter verantwortet, die Kommune braucht sich nicht mehr um die Verwaltung der Pachtflächen zu kümmern und
das kleingärtnerische Nutzungsverhältnis würde für die Kleingärtner sicherer. Ist hingegen nur eine geringe Zahl von Pachtparzellen im Vergleich zu den Eigen- tümerparzellen vorhanden, sollte man es bei der bisherigen Praxis belassen.

Betreiben einer Anlage bei Gemischteigentum

Aus der Tatsache, dass Parzelleneigentümer wie -pächter auf die Nutzung ge- meinsamer Einrichtungen angewiesen sind, muss noch nicht abgeleitet werden, dass beide Nutzergruppen Mitglied in einem (Kleingärtner-)Verein sein müssen oder beide sich gleichermaßen einer einheitlichen Kleingartenordnung zu unter- werfen haben. Entscheidend sind die Rechtsverhältnisse am genutzten Boden.
Der kleingärtnerische Nutzer ist vertraglich an die Einhaltung der Bestimmungen von BKleingG, Pachtvertrag und Kleingartenordnung gebunden. Das trifft für den Parzelleneigentümer aber nicht zu. Für ihn besteht kein Zwang zu einer klein- gärtnerischen Nutzung seiner Parzelle. Er ist auch bei Baulichkeiten sowie der Einrichtung seines Gartens nicht zu Einhaltung der strengen Regeln des BKleingG und der Kleingartenordnung verpflichtet. Jedoch darf er nicht gegen das bauplanerisch Zulässige bei Bebauung, Erschließung und Nutzung der Parzelle verstoßen. Diesbezüglich ist er aber nicht der Vereinigung der Klein- gärtner, sondern nur der Gemeinde gegenüber rechenschaftspflichtig.

Beim Zusammenleben von Eigentümern und Pächtern in einer Anlage müssen jedoch verbindliche Regelungen bestehen, die sich aus den jeweiligen Erforder- nissen ergeben, wie
· Erhaltung der Anlage als Ganzes,
· Ausschluss bestimmter Formen gemeinschaftlicher Ver- und Entsorgung,
· kostengünstiges Errichten, Erhalten und Betreiben der erforderlichen gemein- schaftlichen Einrichtungen,
· Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit in der Anlage.

In einer Kleingartenanlage werden solche Fragen vor allem in der Kleingarten- ordnung und im Unterpachtvertrag festgeschrieben und in der Mitglieder- versammlung beraten, beschlossen und kontrolliert. Gemäß ihrer Funktion, in erster Linie das kleingärtnerische Handeln sicherzustellen, ist die Kleingarten- ordnung für die Nutzung der Parzellen als Kleingärten erforderlich. Sie eignet sich jedoch nicht, die gemeinsamen Erfordernisse in einer gemeinsamen Anlage von Pächtern und Eigentümern zu regeln. Hierzu bedarf es einer Anlagenord- nung, in der z. B. die Leistungen für das Errichten, Betreiben und Unterhalten der Gemeinschaftseinrichtungen, für Ordnung und Sicherheit in der Anlage,
die Art und Weise von Bezug und Abrechnung von Wasser und Strom, die Ruhezeiten in der Anlage u.a. geregelt sind. Zu beachten ist auch, dass der Inhaber eines Eigentumsgartens nicht automatisch zu Gemeinschaftsleistungen
herangezogen werden kann, wie das beim Pächter gemäß seiner pachtvertrag- lichen Verpflichtungen erfolgt. Dieses Heranziehen in Form von Arbeitsleistungen und Geld sowie die Benutzung der Gemeinschaftseinrichtungen müssen sich aus einer speziellen vertraglichen Vereinbarung ergeben.

Es ist also weder erforderlich noch zulässig, die Kleingartenordnung auf die gesamte Anlage auszudehnen, zumal diese ursächlich auf den Pachtgegenstand und auf die Durchsetzung der kleingärtnerischen Nutzung ausgerichtet ist. Der Parzelleneigentümer kann weder mit dem BKleingG noch mit der Kleingarten- ordnung und schon gar nicht mittels eines Mitgliederbeschlusses des Kleingärt- nervereins diszipliniert werden.

Sollen die Parzelleneigentümer in das im gemeinsamen Interesse Notwendige eingebunden werden, bedarf dies also einer konkreten Vereinbarung mit ihnen.

Vereinsmitgliedschaft des Parzelleneigentümers

Jedem Bürger steht es frei, einem Verein beizutreten, er muss sich jedoch mit dessen Zielen einverstanden erklären. Zweifelsohne können sich auch die Par- zelleneigentümer dem bestehenden Kleingärtnerverein anschließen. Das hat den Vorteil, dass Beschlüsse über das Zusammenleben in der Anlagengemein- schaft durch die Mitgliederversammlung gefasst werden können. Unzweckmäßig ist dies aber, wenn über die mit dem Pachtverhältnis unmittelbar zusammen- hängenden Fragen entschieden wird, da darüber auch davon nicht Betroffene mit abstimmen. In diesem Fall wäre es sinnvoll, Pachtfragen aus der Zustän- digkeit der Mitgliederversammlung auszugliedern und einer Pächterversammlung zuzuweisen.

Bildung einer Nutzergemeinschaft

Um die Fragen zu klären, die Parzellenpächter und -eigentümer gleichermaßen angehen, wäre es durchaus möglich, eine Nutzergemeinschaft zu gründen, statt aus beiden einen Verein zu bilden. In einer Nutzervereinbarung, die Verein und Parzelleneigentümer miteinander abschließen, sollte das Zusammenwirken zum Vorteil der Parzellennutzer und der Anlage, der Umgang mit den Gemeinschafts- einrichtungen und die erforderlichen finanziellen Beziehungen fixiert werden.
Der Besitzer einer Eigentumsparzelle hat sowohl durch den Vereinseintritt als auch durch die Bildung einer Nutzergemeinschaft eine Reihe von Vorteilen:
- das Betreiben des Gartens ist besser möglich, weil gemeinschaftliche Ein- richtungen wie Wege, Leitungen usw. geschaffen und kostengünstiger errichtet und betrieben werden können;
- es besteht für ihn kein Zwang zur kleingärtnerischen Nutzung der Parzelle;
- er kann die für die Anlage einheitlich geltenden baulichen Festlegungen mit nutzen.
Jedoch bestehen für den Parzelleneigentümer auch eine Reihe von Nachteilen:
- er muss sich den für die Flurstücke geltenden bauplanerischen Bestimmungen unterordnen;
- bestimmte Formen gemeinschaftlicher Ver- und Entsorgung sind ausgeschlos- sen, da bauplanerischer Außenbereich;
- es müssen Leistungen für die Gemeinschaft erbracht werden, wenn das ver- traglich vereinbart wurde, z. B. Umlage für die Wasserleitung, Pflege der benutzten Gemeinschaftseinrichtung
u. a.;
- bestimmte Bestimmungen aus der Kleingartenordnung wie z. B. Ruhezeiten, Pflege der Gemeinschaftsanlagen, Ordnung und Sicherheit u. a. gelten auch für ihn, wenn sie vereinbart wurden;

Auch in Eigentumsgärten muss man sich an geltende Bestimmungen halten. Ist für das Gebiet der Anlage eine bestimmte Nutzungsart festgelegt, gilt die zu- lässige Bebauung und Erschließung auch für die Eigentumsgärten. Zur Koor- dinierung der gemeinsamen Aufgaben und Maßnahmen sollten beide Nutzer- gruppen sich ein Gremium z. B. aus je drei Vertretern schaffen, die die anste- henden Probleme beraten und erforderlichenfalls eine Nutzerversammlung einberufen können. Die Vertreter im Koordinierungsgremium könnten aber auch die gemeinsamen Festlegungen ihrer Klientel vermitteln. Auf keinen Fall kann die Kleingärtnergemeinschaft, auch wenn sie die Mehrheit der Nutzer stellt, von den Parzelleneigentümern verlangen, sich den Bestimmungen des Kleingartenwe- sens und dem Willen des Kleingärtnervereins zu unterwerfen. Dazu besteht rechtlich keine Handhabe. Das gemeinsame Interesse besteht meist nur in dem Schaffen und der Nutzung gemeinsamer Einrichtungen wie Weg, Zaun, Strom- und Wasserleitung, aber auch in der Abwehr ungerechtfertigter Ansprüche Dritter, z. B. kommunaler Gebühren. Wer dies in Anspruch nehmen will, muss dafür seinen Anteil leisten und demzufolge sind diese Fragen zwingend zu lösen.


Auch aus Sicht der kleingärtnerischen Gemeinnützigkeit ist die Anwendung der Kleingartenordnung auf die gesamte Anlage nicht erforderlich. Die Bestim- mungen, nach denen die kleingärtnerische Gemeinnützigkeit anerkannt (und auch wieder entzogen) werden kann, ergeben sich insbesondere aus § 2 BKleingG und nicht aus der kleingärtnerischen Nutzung der Parzellen. Mit der kleingärtnerischen Nutzung erbringen die Kleingärtner jedoch den Beweis, dass der Verein satzungsgemäß handelt und dass er die kleingärtnerische Gemein- nützigkeit zu Recht erhalten hat. Außerdem wird nicht die Kleingartenanlage, sondern der Verein kleingärtnerisch gemeinnützig anerkannt. Man sollte jedoch beachten, dass in den Anlagen mit gemischtem Eigentum, in denen das Mitein- ander funktioniert, an dem bisher Bewährten in der Art und Weise der Zu- sammenarbeit nicht gerüttelt werden sollte, wenn für die Pächter die Nutzung der Parzellen als Kleingärten gesichert ist.

Parzellen kaufen?

Ein Kauf der vertraglich genutzten Parzellen ist mit Verweis auf § 550 BGB nicht erforderlich, wenn die kleingärtnerische Nutzung erfolgt. Den Pächtern ist jedoch zur sicheren Interessenvertretung anzuraten, sich in einem Kleingärtnerverein zu organisieren, wenn das noch nicht geschehen ist.

Rechtskommission des LSK

November 2001