Gemeinschaftsarbeiten -
Schaffung und Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums
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Gemeinschaftsarbeiten (,,Pflichtstunden“) sind wie alle Gemeinschaftsleistungen für eine Kleingartenanlage unerlässlich. Grundlage dafür ist, dass gemäß § 1 Abs. l Nr. 2 BKleingG ein Garten erst dadurch zum Kleingarten wird, wenn er in einer Anlage liegt, in der mehrere Einzelgärten mit gemeinschaftlichen Einricht- ungen zusammengefasst sind. Eine Kleingartenanlage bedarf also gemein- schaftlicher Einrichtungen. Erst die Anlageneigenschaft (und natürlich die klein- gärtnerische Nutzung der Parzellen) ermöglicht, eine Parzelle unter den Schutz des Bundeskleingartengesetzes zu stellen.

Gemeinschaftsarbeiten regeln

Die Kleingartenanlage muss jedoch verwaltet und die gemeinschaftlichen Einrichtungen müssen instand gehalten, erneuert, verbessert oder erweitert werden. Die Gemeinschaftsarbeiten ergeben sich aus der Natur des Kleingar- tenpachtvertrages und binden damit jeden Unterpächter ohne Rücksicht auf die Zugehörigkeit zum Verein. Zu den Gemeinschaftsarbeiten gehören nicht nur die Anlagen- und Wegepflege und die Arbeiten zu Pflege, Reparatur und Neuan- legen von Gemeinschaftseinrichtungen, sondern auch die Erfordernisse der Mithilfe bei Vereinsveranstaltungen u. a. m. Prinzipiell sollte gelten: Wer einen Garten nutzen kann, sollte auch die damit verbundenen Pflichtstunden erbring- en.

Diese Pflichten können aber nur durch eine konkrete Vereinbarung übertragen werden. Sie können als Mitgliederpflichten, aber auch als Pächterpflichten festgelegt werden. Letzteres ist sinnvoller, denn die Festsetzung der Pflicht- stunden in der Vereinssatzung bindet nur die Mitglieder. Ist die Leistung von
Pflichtstunden im Unterpachtvertrag festgelegt, gilt sie für dessen Laufzeit - und dann auch für den Fall, dass ein Unterpächter nicht mehr Vereinsmitglied ist. Ähnliche Wirkung entfaltet die Festlegung in der Kleingartenordnung, wenn diese untrennbarer Bestandteil des Pachtvertrages ist. Gemeinschaftsstunden sollten an die Parzelle gebunden werden, ohne dabei deren Größe zu berück- sichtigen. Es reicht, die generelle Verpflichtung über das Erbringen von Pflichtstunden und deren Vergütung bei Nichtleisten aufzunehmen und die Konkretisierung der Mitgliederversammlung zuzuweisen. Sind die Pflichtstunden nirgendwo geregelt, so kann sich der Unterpächter trotzdem nicht herausreden;
sie sind Kleingärtnerpflichten gemäß dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), die ihre Grundlagen im Unterpachtvertrag haben.

Eindeutig sollte geregelt werden, ob und unter welchen Umständen ersatzweise Geldleistungen für nicht geleistete Pflichtstunden möglich sind, ob Leistungen im Voraus oder im Nachhinein erbracht werden können und unter welchen Beding- ungen und für welche Arbeiten ein Ersatz gestellt werden kann oder muss. Letz- teres muss auch aus haftungs- und versicherungsrechtlicher Seite mit betrachtet
werden.

Gemeinschaftsarbeiten planen

Das Ableisten der Pflichtstunden darf nicht nur gefordert werden, es muss auch möglich sein. Deshalb sind vom Vorstand die erforderlichen Arbeiten weitsichtig zu planen und hinsichtlich des notwendigen Umfangs einzuschätzen, bevor die Mitgliederversammlung darüber beschließt. Der Gartenfreund muss seiner Leist- ungspflicht nachkommen können. Sinnvoll ist, möglichst viele Objekte personen- gebunden zu übergeben (wichtig ist hierbei die Kontrolle der Durchführung) und nur bestimmte Großeinsätze, wie Frühjahrsputz, Schachtarbeiten u.a. terminlich festzulegen. Nichts ist schlimmer, als wenn für alle Erschienenen nicht genügend Arbeit vorhanden ist.

Befreiung von Pflichtstunden

Pflichtstunden sind von jedem Parzellennutzer zu leisten. Ist er längere Zeit krank oder kann in sonstiger Weise (Gesundheits- und Altersgründe, berufs- bedingte Verhinderung u. a.) seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen, muss er, wie im Mietrecht, eine Ersatzperson stellen (LG Kassel 1990; LG Düsseldorf, 1988). Nachbarschaftliche Hilfe ist auch hier am Platze. Es liegt jedoch im Ermessen des Vereins, auf Beschluss der Mitgliederversammlung bestimmte Gartenfreunde von der Leistungspflicht zu befreien, wie betagte Mitglieder, Ehrenmitglieder, Vorstandsmitglieder usw.

Aber: In Verein und Kleingartenanlage gibt es so viele unterschiedliche Auf- gaben, dass für jeden die Möglichkeit besteht, der Verpflichtung nachzukommen, z. B. als Standbetreuer beim Gartenfest, beim Streichen einer Gartenbank oder anderen altersgerechten Arbeiten. Man sollte auch bedenken, dass Gemein- schaftsarbeit das Gemeinschaftsleben fördert und viele Gartenfreunde sich ausgegrenzt füh1en würden, wenn sie nicht mehr dazu herangezogen würden.
Auf die Befreiung von Pflichtstunden hat der Gartenfreund, auch wenn er betagt oder behindert sein sollte, keinen durchsetzbaren Rechtsanspruch.

Pflichtstunden selbst aussuchen

Welche Aufgabe wann, wie und durch wen erledigt wird, ist Sache des Vor- standes bzw. der durch ihn eingesetzten Organisatoren. Es kann zu großem Unfrieden in der Anlage führen, wenn Mitglieder eigenmächtig sich eine ihnen genehme Arbeit aussuchen. Deshalb ist es nötig, im Bedarfsfall konkrete Ab- sprachen zu treffen.

Ersatzforderung

Eine Forderung, nicht geleistete Pflichtstunden mit Geld abzugelten, ist jedoch nur zulässig, wenn die Leistung hätte erbracht werden können, aber durch den Kleingärtner verweigert wurde. Sie kann z. B. nicht erfolgen, wenn durch den Verein nicht genügend Arbeit vorgehalten wurde, dann dient sie primär dem Füllen der Vereinskasse. Der Kleingärtner hat aber auch eine Mitwirkungspflicht. Er kann sich nicht darauf berufen, dass die geplanten Arbeitseinsätze durch ihn nicht wahrgenommen werden konnten; in diesen Fällen muss er sich selbst um die Möglichkeit kümmern, seine Pflichtstunden ableisten zu können.

Verweigerung von Pflichtstunden

Weigert sich der Gartenfreund beharrlich, seiner Leistungspflicht nachzukom- men, kann er, wie im Mietrecht, auf deren Erfüllung verklagt werden. Der Verein darf aber nicht nur Pflichtstunden festsetzen, er darf auch eine Vergütung
(„Ablösesumme“) für nicht geleistete Stunden verlangen. Deren Höhe dürfe mindestens dem Stundenlohn eines Arbeiters in der freien Wirtschaft ent- sprechen (AG Stollberg, 1996). Mit der Verweigerung der Gemeinschaftsarbeit würde dem Verein ein wirtschaftlicher Schaden zugefügt; er müsse in die Lage versetzt werden, sich die Leistung notfalls auf dem freien Markt zu kaufen. Der
Verein dürfe die Ablösesumme sogar noch höher setzen, denn im Vereinsinter- esse liege, dass die Arbeit geleistet und nicht primär der Geldbetrag entrichtet wird. Die Verweigerung der Gemeinschaftsarbeit ist eine nicht unerhebliche Pflichtverletzung, deshalb ist sie ausdrücklich als Kündigungsgrund in den § 9 Abs. l Nr. l BKleingG aufgenommen worden.

Haftungsfragen

Die Verpflichtungen des Vereins gegenüber dem Gartenfreund sind durch die abgeschlossene Haftpflicht- sowie Unfallversicherung für Gemeinschaftsarbeit abgesichert. Etwas anders liegt der Fall, wenn der Kleingärtner einen Ersatz- mann stellt. Rechtlich ist das ein auf Freundschaft, Kollegialität oder Nachbar- schaft beruhendes Gefälligkeitsverhältnis. Ist dieser ein Vereinsmitglied, ergibt sich daraus kein besonderes Problem. Ist es aber ein Nichtmitglied, steht das
Problem der Haftung anders. Für einen dabei erlittenen Unfall oder angerich- teten Schaden hat der beauftragende Gartenfreund genauso einzustehen, wie bei eigenem Verschulden (§ 278 BGB). Für Schäden, die er außerhalb des Auf- trages anrichtet, muss der Verursacher jedoch selbst aufkommen. Deshalb ist es notwendig, dass der Gartenfreund dem Vorstand die Stellung eines Ersatz-  manns mitteilt und dass der Vorstand diesen möglichst nicht für Arbeiten ein- setzt, bei denen größere Unfallgefahr bestehen könnte.

Pflichtstunden vom Nichtmitglied

Wenn auch der Abschluss eines Unterpachtvertrages die Mitgliedschaft in einem Verein voraussetzt, so endet jedoch dieser nicht automatisch mit dem Verlust der Vereinsmitgliedschaft durch Austritt oder Ausschluss. Dabei spielt keine Rolle, ob so etwas in einem Vereinsdokument formuliert ist. Beendigung der Mitgliedschaft ist gemäß § 13 BKleingG kein durchsetzbarer Kündigungsgrund für
den Pachtvertrag, denn alle zulässigen Kündigungsgründe sind in §§ 8 und 9 BKleingG formuliert. Das Nichtmitglied bleibt also Pächter mit allen Rechten und Pflichten aus seinem Vertragsverhältnis. Unterpachtvertrag, Kleingartenordnung und BKleingG, einschließlich der Bestimmungen für Pflichtstunden, gelten für ihn uneingeschränkt. Eine Verweigerung der Gemeinschaftsleistungen einschließlich der Pflichtstunden ermöglicht jedoch auch, dem Nichtmitglied rechtswirksam gemäß § 9 Abs. l Nr. l BKleingG den Unterpachtvertrag zu kündigen.

Kostenbeitrag des Nichtmitgliedes

Da die Kosten für die Verwaltung der Kleingartenanlage durch den Verein vollständig oder überwiegend mit dem Vereinsbeitrag abgedeckt werden, die dafür notwendige Arbeit ehrenamtlich geleistet wird und ein Nichtmitglied keinen Mitgliedsbeitrag zahlen muss, hat es keinen Anspruch auf solidarische Leistung- en, die die Kleingärtner für ihren Verein und ihre Organisation erbringen. Des- halb kann über die Pflichtstunden hinaus vom Nichtmitglied eine Verwaltungs- pauschale gefordert werden, deren Rechtsgrundlage sich aus einer entsprech- enden Formulierung im Unterpachtvertrag ergeben muss. Die Verwaltungspau- schale sollte mindestens der doppelten Höhe des jeweiligen Mitgliedsbeitrages
entsprechen. Damit wird sie im Wesentlichen der durch Verein und Zwischen- pächter tatsächlich erbrachten anteiligen Leistungen für die Verwaltung von Parzelle und Anlage gerecht. Das Erbringen der Gemeinschaftsleistungen ist für das Kleingartenwesen unabdingbar. Damit werden aber noch nicht alle Aufwen- dungen der Kleingärtnerorganisation abgedeckt, denn erhebliche Leistungen zum Nutzen der Kleingärtner werden unentgeltlich im Ehrenamt erbracht.

Dr. Rudolf Trepte

November 2005 Gemeinschaftsarbeiten -
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